Weinslalom mit Hindernissen

Wieder einmal ist der November ein Highlight im Weintrinkerjahr. Wer diese Zeit im Spätherbst nur mit Tristesse assoziiert, macht eindeutig etwas falsch. Selten findet man so geballt Termine von Hausmessen und Weinpräsentationen und ist man an Wochenenden so häufig unterwegs wie jetzt. Wer, wie ich, im Einzugsgebiet einer Großstadt lebt, hat da gar keine Zeit für Trübsal und Novemberblues.

Zumal Weintermine auch immer Gelegenheiten für interessante Beobachtungen und besondere Erfahrungen sind. Fast schon ein Klassiker unter den ständig wiederkehrenden Situationen ist die lebende Blockade.

Variante 1: der „Unverrückbar-im-Weg-Stehende“. Garantiert findet man ihn vor jedem Stand, ständig mit wieder aufgefülltem Glas konzentriert über die eigenen Notizen stehend oder den Ausschenker mit banalem Wissen beglückend. Geflissentlich übersieht dieser Fels in der Brandung, dass er zu Zeiten größeren Andrangs mindestens zehn weiteren am Wein Interessierten den Zugang zur Quelle verbaut. Er ist am Ziel. Die anderen sehen das genauso – viel näher ins Zentrum persönlicher Verachtung kann er gar nicht mehr rücken. Deshalb ist eine wertvolle Erkenntnis die, dass die besten Proben schon am Vormittag beginnen!

Variante 2: Nicht immer braucht es Typus 1, um den Zugang zum gewünschten Wein zu erschweren. Manch Standbetreuer selbst ist in seiner Leutseligkeit einfach zu anhänglich um die Umstehenden in gewissen Abständen seiner Wahrnehmung zuzuführen. Jedenfalls immer dann, wenn dieser einen alten Bekannten trifft. Oder wenigstens einen Gast, der vor etlichen Jahren schon mal auf dem Weingut war und mit dem man sich stundenlang über mittlerweile altershalber oxidierte Spätlesen austauschen kann. Das macht dann immerhin zwei Personen glücklich.

Nicht immer ist bei Degustationen Hochbetrieb. Umso höher ist die Kunst derjenigen Ausschenker einzuschätzen, die es selbst ohne jegliche Ablenkung schaffen, einen Probierwilligen zu ignorieren. Wichtigste Voraussetzung: auffälliges Vermeiden jeglichen Blickkontakts. Das ist Variante 3. Gut nur, dass es doch noch fast immer gelingt, sich Gehör zu verschaffen. Und gut auch, dass sehr häufig geschultes Agenturpersonal hinter den Ständen steht. Blitzschnell wird das leere Weinglas gesehen und dem Weinwunsch entsprochen. Ohne dass der gesprächswillige Nachbar in seinen Weisheiten beschnitten werden müsste. So schafft man dann sogar eine Quote von mehr als zwei Zufriedenen.

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