Wo der Riesling auf die Spitze getrieben wird – zu Besuch an der Nahe bei Dönnhoff und Co.

Wer sich Oberhausen von Schlossböckelheim aus zu Fuß über die Weinberge nähert, merkt recht schnell, dass er an einem außergewöhnlichen Ort ist. Dort, am Felsenberg, sieht man exemplarisch, was den Reiz dieses Teils des Nahetals ausmacht: Nicht nur die Rieslingreben sondern vor allem auch ihr Untergrund – sehr alter vulkanischer Verwitterungsboden, welcher im Wein die charakteristischen, mineralischen Noten hervorbringt, die die Einzigartigkeit dieser Weine ausmachen. Noten, die noch eindrucksvoller wirken, wenn man diese Böden auch tatsächlich gesehen hat.
Beeindruckend für den Wanderer ist nicht nur der Steillagenbau, sondern auch die enorme Vielfalt an duftenden Wildkräutern und Insekten, vor allem seltenen Schmetterlingen, die sonst kaum zu finden sind.

Vorbei am Felsentürmchen und dem eindrücklichen Gut Hermannsberg, dann an der historischen Oberhäuser Brücke, die namengebend für eine der kleinsten Lagen der Region ist und für große Süßweine steht, geht der Schritt schließlich an der wohl berühmtesten Weinbergslage der Nahe vorbei: der Hermannshöhle, die auf uralten Schieferschichten gründet und dem Wein wieder einen ganz anderen Charakter verleiht. Doch halt! Hier einfach nur so durchzumarschieren wäre ja wahrhaft eine Sünde: Ein Stopp beim Weingut Dönnhoff war für den Weinblogger natürlich ein fest eingeplanter Pflichttermin oder vielmehr eine Herzensangelegenheit.

Wie schön, dass sich Winzerlegende Helmut Dönnhoff persönlich viel Zeit nahm und nahezu das komplette 2020er Programm vorstellte. Darunter die (vorerst nur in Probeflaschen abgefüllten) Großen Gewächse, die erst im September auf den Markt kommen. Gerade die Vielzahl der Lagen macht den Vergleich so spannend, spiegelt doch der Riesling wie kaum eine andere Rebsorte den Charakter der Lage wider. Einige Highlights der Verkostung:

Dönnhoff, Riesling Höllenpfad im Mühlenberg GG 2020
aus den ältesten Reben im Weingut entstanden, 95 Punkte

Dönnhoff, Riesling Krötenpfuhl GG 2020 – 95+ Punkte

Dönnhoff, Riesling Felsenberg „Felsentürmchen“ GG 2020 – 96+ Punkte

Dönnhoff, Riesling Dellchen GG 2020 – 96+ Punkte

Wie sollte Riesling im Idealfall sein? „Kristallin“ nannte Helmut Dönnhoff sein geschmackliches Leitbild. So in etwa kann man sich das vorstellen:
Dönnhoff, Riesling Herrmannshöhle GG 2020 – 98 Punkte

Eine andere Sensation betrifft diesmal nicht den Riesling. Aus einer neu erworbenen Parzelle, die eigentlich für den Rieslinganbau vorgesehen war, aber mit Chardonnay bestockt ist, zauberte das Weingut 2020 einen Erstlingswein, der mit ungeheurer Kraft ausgestattet ist und in einer festen Struktur gezügelt eine enorme Geschliffenheit aufweist. Im Preis-Genuss-Verhältnis schlicht unschlagbar:

Dönnhoff, Chardonnay -S- 2020 – 97 Punkte

Wie schon erwähnt, bringt die Oberhäuser Lage nicht nur trockene Meisterwerke hervor:

Dönnhoff, Riesling Spätlese Oberhäuser Brücke *Monopol* – 96 Punkte

Vom Weingut Dönnhoff geht der Blick unweigerlich auf die berühmten Weinberge jenseits der Nahe.

Unübersehbar ist dort die ehemalige Staatsdomäne, das Gut Hermannsberg, das seit einigen Jahren zuverlässig vor allem Riesling in Topqualität produziert.
Ein weiterer Stopp und drei gelungene Beispiele:

Gut Hermannsberg, Steinterrassen Riesling trocken 2017 – 92 Punkte

Gut Hermannsberg, Steinberg Riesling GG 2019 – 93 Punkte

Gut Hermannsberg, Kupfergrube Riesling GG Reserve 2015 – 94 Punkte

Etwas naheaufwärts, in Monzingen, gibt es ein anderes VDP-Top-Weingut, das seine Pforten öffnete und einen spannenden Überblick über das gesamte Sortimen ermöglichte:
Eine Entdeckung bei den günstigeren Gutsweinen des Weinguts Emrich-Schönleber war zweifellos der Riesling „Mineral“ trocken 2020 (90 Punkte). Bei den Ortsweinen dann der „Frühtau“ Monzinger Riesling trocken 2020 (90+) sowie der „Halgans“ Monzinger Riesling trocken 2018 (91). Weiter ging es mit der Ersten Lage:
Monzinger Niederberg Riesling trocken 2020 – 92 Punkte.

Last but not least:

Emrich-Schönleber, Halenberg Riesling GG 2020 – 94+ Punkte

Emrich-Schönleber, Halenberg Riesling -R- 2017 – 96 Punkte

Also rundum gelungene Tage an der Nahe. Das trockenste Weinbaugebiet Deutschlands hat eine Menge zu bieten. Bei Gelegenheit gerne wieder.

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