Was Gläser bewirken – Teil 3

Weinglas Les Impitoyables weiß Nach zwei Gläservergleichen zu  den Themen junge und gereifte Rotweine ging es diesmal um Weißwein. Auch hier gibt es ein Spezialglas aus der Serie Les Impitoyables von Peugeot, das durch seine eigenwillige Form sofort ins Auge fällt. Der stark nach innen gewölbte Rand des hohen Glaskörpers soll das Bouquet der Weine konzentriert und direkt der Nase zuführen. Um es vorweg zu nehmen, es funktioniert tatsächlich hervorragend. Zwei Weine wurden verdeckt probiert, einmal aus dem Peugeot-Glas, einmal aus einem hochwertigen, konventionellen Chardonnayglas.

Weingut Nigl, Grüner Veltliner Privat, Kremstal – Österreich, 2005
Im Impitoyables wirkt der Wein in der Nase sofort vielschichtiger und würziger als im Normalglas. Er offenbart Noten von Zitrusfrüchten und Aprikose und ist im französischen Spezialglas von Anfang bis Ende gleichbleibend präsent. Im herkömmlichen Glas ist die mineralische Würze zwar weniger merklich, dafür treten Blütenaromen stärker in den Vordergrund. Allgemein zeigt der Wein bei etwas Restsüße und feiner Säure eine leichte und animierende Bitternote im Abgang, Eiskonfekt und Stachelbeere. Bei aller Kraft ist er doch verhältnismäßig schlank. 92 Punkte.

Schloss Halbturn, Chardonnay Ried Jungenberg, Burgenland – Österreich, 2005
Ein Wein, der innerhalb eines Jahres schnell gealtert ist. Mittlerweile mit kräftiger Farbe ist er immer noch ein Genuss – wenn auch auf andere Art. Auch hier kommt der Wein im Impitoyables mit  all seinen Charaktereigenschaften ganz ohne Umschweife auf den Punkt. So könnte er als perfekter Begleiter für ein üppiges morgendliches Müsli gelten: Er erinnert tatsächlich an Haferflocken, geriebenen Apfel, auch an Litschi, Brombeer-Fruchtgummi sowie an Grapefruit und getrocknete Ananas. Durch das Holz sind außerdem intensive Kakaonoten entstanden. Er ist im Peugeot-Glas merklich zupackender als im Normalglas. Dort wirkt er vor allem in der Nase zunächst etwas weichgespülter und erinnert insgesamt deutlicher an Mandel-, Rosinen-, Honig- und Nussaromen. Jedenfalls ist es höchste Zeit, diesen Wein zu trinken. 89 Punkte.

Nach drei Spezialglas-Proben muss man allgemein feststellen: Was Peugeot mit seiner Glasserie  Les Impitoyables geschaffen hat, macht bei allen verkosteten Weinen einen mehr oder weniger deutlichen Unterschied. Präzise auf die unterschiedlichen Weintypen abgestimmt sind die Weine aus diesen Gläsern alle sehr schnell sehr präsent. Und zwar nicht nur mit einigen wenigen dominierenden Aromen, sondern in ihrer ganzen Fülle. Interessanterweise wirken gereifte Weine hier oft noch einen Tick frischer als in den anderen Gläsern. Während das „atmende Glas“ von Eisch bei jungen Weinen zwar manche Aromen verstärkt, waren doch die Peugeot-Gläser stets die beste Wahl. Wäre da nicht die etwas gewöhnungsbedürftige Form, die sich vor allem beim Weißweinglas als eher unpraktisch herausstellt. Nicht nur beim Spülen und Trocknen, man stößt mit seiner Nase beim Trinken einfach sehr früh an „Grenzen“, namentlich den stark nach innen gewölbten Rand.

Bei allen Vorzügen, letztlich sind diese Spezialgläser – auch mit Blick auf ihren doch erheblichen Preis – keine wirkliche Notwendigkeit. Meistens kann man mit einem hochwertigen Normalglas, das auf den jeweiligen Weintyp abgestimmt ist, bei einiger Geduld annähernd das gleiche Charakterbild herausschmecken. Trotzdem bietet die französische Glasserie Les Impitoyables mit ihrer Präzision ein beeindruckendes Trinkerlebnis, das die Gesamtpersönlichkeit der Weine recht schnell, umfassend und nachdrücklich ins Bild setzen kann. Eine Bereicherung ist sie allemal.

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