süß-säuerliche Abwege – Apfelsäfte im Vergleich
So richtig funktioniert das nicht mit dem Übertragen des eingeübten Weinvokabulars auf die bislang eher beiläufig zur Kenntnis genommene Welt des Apfelsafts. Dennoch, dass sich Premiumsäfte, die strikt aus einer einzigen Reb-, äh, Apfelsorte und aus einzeln vom Baum gepflückten Früchten gewonnen werden, vom üblichen Supermarktgetränk durch einen viel größeren Aromenreichtum unterscheiden, war eigentlich klar. Und trotzdem zu beweisen:
Von der Privatkelterei von Nahmen vom Niederrhein wurde zunächst der gelungene Kaiser Wilhelm probiert, der rund und aromatisch ist und durch etwas Eisbonbon eine besondere Note aufweist. Schöner von Boskoop wirkt herber, Elstar dagegen eher metallisch und vermittelt deutlich weniger Trinkfreude, die Rubinette ist dagegen stoffig, sogar seidig, mit merklicher Süße und wirkt recht gefällig.
Kohl – Obsthof Troidner aus Südtirol war mit seinem Gravensteiner (aromatische Nase, spritzig und dabei gleichzeitig erdig) sowie Jonagold (seidig, Honig, Mirabelle, Birne, elegant) vertreten.
Aus Niederösterreich stammen die allesamt überzeugenden Apfelsäfte von Reinhard und Helga Wetter: der Jonagold (harmonisch, feine Frucht, merkliche Süße), Cox Orange Renette (frische Säure, dicht, Banane, weiße Johannisbeere) und James Grieve (sehr kernige Säure, anhaltend feines Aroma).
Ebenso aus Österreich kam ein eher rustikaler Vertreter mit einer deutlicher Musnote, die in Richtung Pfirsich ging: Topaz von Meinklang – Weingut Michlits, Neusiedlersee.
Last but not least der einzige Apfelsaft, der nicht mittels Erwärmung, sondern durch Kohlensäure haltbar gemacht wurde: Cox Orange vom Duttenhofer’schen Apfelgut aus dem Nordschwarzwald. Die feine, zarte und elegante Frucht wird allerdings von der Kohlensäure etwas in den Hintergrund zurückgedrängt.
Fazit: Wer glaubt, eine alkoholfreie Apfelsaftprobe sei weniger anstrengend als eine Weinprobe, wird sich wundern wie schnell er aufgrund der hohen Säure seinen Sättigungsgrad erreicht hat. Gelohnt hat sich diese Erfahrung auf jeden Fall und das nicht nur wegen der drei Sieger: Jonagold und Cox Orange Renette von Wetter sowie Kaiser Wilhelm aus dem Haus von Nahmen. Freunden wirklich kerniger Säure sei aber der James Grieve nicht weniger ans Herz gelegt.